Erste StuPa-Sitzung: Mehr Beitragsgerechtigkeit?
Am Donnerstag, 22.07. kommt um 15:00 das neu gewählte Studierendenparlament im Raum NK 401 zu seiner ersten Sitzung zu zusammen. Dabei werden gewählt:
- der StuPa-Vorsitz
- Vorsitzende(r)
- stellv. Vorsitzende(r)
- den AStA/SprecherInnenrat
- Vorsitzende(r)
- stellv. Vorsitzende(r)
- 2 weitere Mitglieder
Alle 6 zu wählenden Studierendenvertreter sowie die Fachschaftssprecher werden auf Antrag von den Studienbeiträgen befreit.
Antrag: „Für mehr Beitragsgerechtigkeit“
In seiner ersten Sitzung wird sich das StuPa deshalb auch mit einen Antrag zu den Studienbeiträgen befassen. Der SDS.DIE LINKE fordern mit Unterstützung der Grünen HSG eine Senkung der Studienbeiträge durch Abschaffung aller uni-internen Befreiungen. Nach Angaben der Antragssteller ließe sich, allein indem die Universität in Zukunft darauf verzichtet Stipendiaten, Studierendenvertreter und 5 % der Jahrgangsbesten von den Studienbeiträgen zu befreien, der allgemeine Beitragssatz auf 450 € senken.
Kommt der Antrag durch, so verlören auch die oben genannten Studierendenvertreter ihre Beitragsbefreiung. Nicht zuletzt deshalb dürfte die nächste Sitzung spannend werden.
Der Antrag im Wortlaut:
Stichwörter: AStA, SDS.DIE LINKE, Studienbeiträge, StudiengebührenDer Konvent möge beschließen:
Der Senat wird aufgefordert alle uni-internen Tatbestände für die Befreiung von Studienbeiträgen – mit Ausnahme von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 – abzuschaffen. Die dadurch erzielten Einnahmen sollen ausnahmslos für die Senkung der Studienbeiträge verwendet werden.
Dazu sind an der Studienbeitragssatzung (Satzung der Universität Passau über die Festsetzung, Erhebung und Verwendung von Studienbeiträgen vom 7. Juli 2008, in der Fassung der Änderungssatzung vom 5. November 2009) wie folgt zu ändern.
- Änderung von § 2 Satz 1 in: „Die Höhe des Studienbeitrags beträgt einheitlich 450,-€ für jeden Studiengang und jedes Semester.“
- Streichung von § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 2, 4.
- § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 wird zu § 6 Abs. 3 Satz 1
Begründung:
1. Befreiungstatbestände
35 % der Passauer Studierenden zahlen keine Studienbeiträge. Die verbleibenden 65 % tragen die gesamte Beitragslast.
Das Bayerische Hochschulgesetz erlaubt es jeder Hochschule, Regelungen vorzusehen, nach welchen bis zu 10% der Studierenden für besondere Leistungen von der Beitragspflicht ganz oder teilweise, auch mit Wirkung für die Vergangenheit, befreit werden (Art. 71 Abs. 5 Satz 3 BayHSchG). Aufgrund dieser sog. Leistungsquote hat die Uni Passau in § 6 Abs. 3 ihrer Studienbeitragssatzung geregelt, dass auf Antrag befreit wird:
- wer zu den 5 % Jahrgangsbesten des jeweiligen Studiengangs gehört
- Stipendiaten eines anerkannten Begabtenförderungswerkes
- der/die Vorsitzende des Studierendenparlaments mit Stellvertreter/in, die 4 gewählten Mitglieder des AStA und der Studentische Senator
Die Uni Passau ist die einzige bayerische Universität, die Stipendiaten befreit. Ferner ist sie auch die einzige Uni, die derzeit überhaupt in nennenswertem Umfang von der Leistungsquote Gebrauch macht. Vor allem dadurch hat Passau einen höheren Anteil von befreiten Studierenden. Er lag im WS 08/09 5,3 Prozentpunkte über dem bayernweiten Mittel (davon 4,9 Prozentpunkte allein durch die „Leistungsquote“). Allein durch die Befreiung der Stipendiaten gingen der Uni allein 2009 ca. 400.000 € an Studiengebühren verloren.
Diese Tendenz hin zu einer immer kleiner werdenden „Mittelschicht“ von Studienbeitragszahler, wird sich in den nächsten Semestern noch verschärfen. Es ist vor allem mit einem Anstieg der Rückzahlungen nach der Bestenquote zu rechnen, da mehr und mehr Studierende die geforderten 4 Beitragssemester erfüllen werden.
Das Wesen eines Beitrages ist es, dass er von allen zu gleichen Teilen entrichtet wird. Nur so kann die Beitragsbelastung für jeden Einzelnen gering gehalten werden. Einige Wenige zu Lasten aller Anderen von der Beitragspflicht zu befreien muss deshalb besonders begründet werden.
Die vom Hochschulgesetz direkt vorgegebenen Befreiungsgründe dienen der sozialen Abmilderung von an sich unsozialen Studienbeiträgen und sind in der Logik des Gesetzes darum gerechtfertigt. Dadurch werden bayernweit einheitlich ca. 30 % der Studierenden von den Gebühren befreit.
Die Kriterien der uni-internen Befreiungsgründe können nicht gerechtfertigt werden:
Mit den Stipendiaten wird eine Gruppe Studierender noch zusätzlich gefördert, die ohnehin schon durch das jeweilige Begabtenförderungswerk wirtschaftlich gut abgesichert ist. Es ist zu bezweifeln, dass angesichts der üppigen materiellen und immateriellen Förderung die Studienbeitragsbefreiung überhaupt noch einen Leistungsanreiz darstellt. Darüber hinaus ist das Verfahren der Vergabe dieser Stipendien äußerst intransparent; die Entscheidungen werden nie begründet. Das gegenwärtige System der Studienstiftungen sieht sich zudem dem Vorwurf ausgesetzt, soziale Unterschiede noch zu verschärfen und so der „Selbstreproduktion des deutschen Bildungsbürgertums“ zu dienen (ZEIT-ONLINE, 24.9.2009: „Wer hat dem wird gegeben“).
Mit der Erhöhung des Büchergeldes auf 300 € verschärft sich das Problem. 300 € Büchergeld monatlich sind jedem Stipendiaten gewiss. Dazu kommt noch eine Förderung nach dem individuell zustehenden BAföG-Satz. Es ist jetzt also umso fraglicher, warum diesen Studenten nochmals Studienbeiträge im Wert von 80,83 € monatlich erlassen werden müssen, sozusagen als zweites, anrechnungsfreies Stipendium.
Die 5 % Bestenquote ist ebenfalls zur Setzung von Leistungsreizen kaum geeignet. Schließlich sollte das Erreichen einer guten Abschlussnote zunächst Anreiz genug sein. Selbst wenn eine Studienbeitragsbefreiung diesen enormen Anreiz überhaupt noch steigern kann, dann kommt sie jedenfalls zu spät. Wer wirtschaftlich schlechter steht, also 6 Semester die 485 € Studienbeitrag nur unter großen Entbehrungen aufbringen kann, dem ist nur mit einer Befreiung im vornherein gedient. Denn sollte sie oder er tatsächlich einen Top-Abschluss schaffen, dann sorgen die glänzenden Berufsaussichten auf der einen und – im Falle eines Weiterstudierens – die guten Aussichten auf ein Stipendium auf der anderen Seite höchstwahrscheinlich für eine gute wirtschaftliche Absicherung. Zudem ist ein Abschneiden unter den 5 % der Besten kaum planbar, weshalb davon wohl nur wenige Studierende zu höherer Leistungsbereitschaft motiviert werden können.
Die Rückzahlung der Studienbeiträge ist daher zur eigentlichen Zielerreichung nicht geeignet. Vor allem, weil sie die Gemeinschaft der Studienbeitragszahler in den kommenden Jahren noch wesentlich höher belasten würde, muss sie jetzt rechtzeitig gestoppt werden.
Dass die gewählten Studierendenvertreter dann nicht die einzigen Befreiten bleiben können, versteht sich von selbst.
2. Höhe
Indem der Senat die durch Art. 71 Abs. 5 Satz 3 BayHSchG geschaffene Möglichkeit, weitere Befreiungstatbestände zu treffen, aufgreift bringt er zum Ausdruck, dass es für die Universität wirtschaftlich vertretbar ist, auf bis zu 10 % der Studienbeiträge zu verzichten. Das entspräche einem Betrag von 48,5 € pro Beitragszahler und Semester. Nachdem sich aber Überschneidungen zwischen den einzelnen Befreiungstatbeständen ergeben, und diese auch in der bisherigen Befreiungsstatistik angelegt sind, erscheint ein Absenken um 7,22 % auf 450 € als angemessen.
Kategorie(n): Studierendenvertretung
Dieser Artikel wurde verfasst von Kai Hofmann.
4 Kommentare
Kommentar von Philipp Wendler:
Ich habe einige Anmerkungen zu dem Antrag zur Abschaffung der
uni-internen Studiengebührenbefreiungen:
1) Es fehlen aussagekräftige Zahlen. In der Begründung zum Antrag steht
nicht, wieviel Prozent der Studierenden wegen der abzuschaffenden Gründe
befreit sind, und wieviel Geld der Uni dadurch verloren geht.
Argumentiert wird stattdessen mit der Zahl „35%“, bei der jedoch der
größte Anteil von den Befreiungen durch das Hochschulgesetz kommt (wenn
man die ebenfalls angegebene Zahl von 30% für Passau annimmt, kommt man
also auf nur ca. 5% der Studierenden).
2) Es ist deshalb nicht klar, ob die Summe der bezahlten Studienbeiträge
bei Annahme dieses Antrag gleich bleiben wird. Im Antrag ist diese
Forderung zwar enthalten, aber wie die ebenfalls enthaltene Zahl 450€
zustande kommt, ist nicht ersichtlich. Sie wird lediglich als
„angemessen“ dargestellt.
3) Es wird behauptet, dass mit einem Anstieg der Anzahl der befreiten
Studierenden zu rechnen ist. Dabei wurden laut den angegebenen Zahlen
schon im WS 08/09 4,9% der Studierenden durch die Leistungsquote
befreit, die bei 5% gedeckelt ist. Woher soll also die behauptete
„Verschärfung“ der Situation kommen?
4) In der Begründung wird behauptet, dass außer Passau keine bayrische
Uni die Stipendiaten von den Studiengebühren befreit. Nach meinen
Informationen ist dies falsch. Laut einer Liste im Intranet der
Studienstiftung des dt. Volkes sind Stipendiaten an den Unis in Bayreuth
und Eichstätt und an den FHs in Amberg-Weiden, Hof, München, Rosenheim
und Würzburg-Schweinfurt ebenfalls befreit. Auch Hochschulen außerhalb
Bayerns haben solche Regelungen.
Nichtsdestotrotz stimme ich zu, dass seit der Anhebung des Büchergelds
auf 300 Euro eine Befreiung von den Studiengebühren nicht mehr
angebracht ist.
5) Betreffend die Gruppe der 5% Jahrgangsbesten zielt die Begründung des
Antrags hauptsächlich darauf ab, dass die Befreiung zum Setzen von
Leistungsanreizen dienen soll. Ich denke jedoch, dass die Befreiung auch
dazu dienen soll(te), guten Studierenden die Möglichkeit zu geben mehr
Zeit auf das Studium zu verwenden und weniger Zeit für einen Nebenjob zu
benötigen. Dazu ist aber leider die nachträgliche Rückerstattung
aufgrund der fehlenden Planbarkeit tatsächlich ungeeignet. Es ist
schade, dass nicht über Alternativen nachgedacht wird, wie dieses Ziel
erreicht werden könnte, denn ich denke schon, dass es sinnvoll ist.
Nicht jeder gute Studierende ist z.B. Mitglied in einem der
Stipendienprogramme (bei denen ja gerade die soziale Selektion bemängelt
wird, hier gäbe es also die Möglichkeit für Passau, es besser zu machen
und so gute Leute anzuwerben).
6) Als starkes Stück empfinde ich die (mir bis gestern unbekannte)
Befreiung der Studierendenvertreter. Selbst wenn dies von allen Seiten
nicht so gewollt sein sollte, erweckt es doch mindestens nach Außen hin
den Anschein, dass sich a) die Studierendenvertreter hier selbst
finanziell deutlich besser stellen und dazu Geld der anderen
Studierenden verwenden, und dass b) die Uni hier vielleicht allzu große
Kritiker und unbequeme Geister durch einen finanziellen Vorteil
besänftigen möchte. Aus Gründen des politischen Anstands denke ich also,
dass dieser Befreiungstatbestand auf jeden Fall abgeschafft werden muss,
selbst wenn die anderen Befreiungen Bestand haben sollten!
Ich vermute, dass Argument für die Befreiung der Studierendenvertreter
ist die Förderung und Anerkennung von Engagement das über den
Studienplan hinausgeht. Dies ist sicher wichtig, allerdings denke ich
nicht, dass dies durch erhebliche persönliche finanzielle Vorteile
erfolgen sollte. Die Verhältnismäßigkeit ist hier keinesfalls gegeben.
Außerdem ignoriert die aktuelle Regelung das erhebliche Engagement aller
der Studierenden, die nicht zu dem kleinen Kreis der Befreiten gehören,
z.B. die vielen Mitglieder der sonstigen Hochschulgruppen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass es für die derzeitigen Regelung zur
Befreiung meiner Meinung nach keine guten Gründe gibt. Es sollte
allerdings statt nur über eine Abschaffung auch darüber nachgedacht
werden, wie man das Ziel (gute Studierende zu fördern) durch andere
Regelungen erreichen könnte.
Grüße,
Philipp Wendler
Zum Kommentar von Philipp Wendler:
zu 1) Die Begründung des Antrags übersteigt das übliche Maß ohnehin schon bei Weitem. Deshalb wurden hier die wichtigsten Zahlen und Entwicklungen zusammengefasst. Mehr Zahlen gibt es in der Befreiungsstatistik und in einem Bericht des Wissenschaftsministeriums. Beide finden sich auf http://www.students.uni-passau.de/190.html unter „Material“
zu 2) Wie sich die Höhe der Studienbeiträge tatsächlich auf die Beitragsmenge auswirkt ist zu kompliziert für die Begründung. Selbst das Haushaltsreferat gibt immer nur Prognosen ab.
Einfacher ist es daher auf die politischen Aussage, die mit der Einführung der Befreiung einher geht abzustellen: Auf bis zu 10 % der Beitragseinnahmen verzichtet die Uni freiwillig durch die Einführung der Befreiungen. Warum soll das Geld nicht stattdessen für die Senkung eingesetzt werden können?
zu 3) Die Befreiung nach Leistung ist insgesamt auf 10 % gedeckelt. Die 5 % Marke betrifft NUR die „Bestenquote“.
Diese Befreiungsmöglichkeit wird derzeit noch kaum genutzt. Es ist aber mit einem Anstieg zu rechnen, wenn mehr Studenten die notwendigen 4 Semester an Beitragszahlung auch vorweisen können, um diese Möglichkeit zu nutzen.
zu 4) Der Antragssteller stützt sich auf den Bericht des Wissenschaftsministerium. Danach werden „nur“ noch in Fachhochschulen, also nicht Universitäten Stipendiaten befreit. Die Uni Bayreuth und die Uni Bamberg hat für Erstsemester einen ermäßigten Beitragssatz von 300 €, befreit aber keine Stipendiaten.
Danke für die intensive Beschäftigung mit den Antrag!
Ich hoffe, ich konnte ein wenig zur Aufklärung beitragen.
Grüße
Kai Hofmann
Bzgl. Stipendiaten Uni Bayreuth: siehe Punkt 9, es werden neben Stipendiaten auch Mitglieder der Bayerischen Eliteakademie befreit.
http://www.uni-bayreuth.de/studieninteressierte/studentenkanzlei/pdf/Hinweise_zur_Beitragsbefreiung.pdf
Zur Befreiung von Studierendenvertretern: wenn Philipp wüsste, wie viel Zeit es in Anspruch nimmt, die Interessen seiner Kommilitonen auf Fakultäts- und/oder Uni-Ebene zu vertreten, dann ist es nur eine gerechtfertigte „Wertschätzung“. Wenn du, Philipp, nun unterstellst, dass sich Asta, Konventspräsidium und Fachschaften bestechen lassen, dann nimm mal an einer Sitzung des Konvents teil oder informiere dich über die Arbeit der Fachschaften, bevor du solche Kommentare abgibst!
Zum Zeitaufwand der Studierendenvertreter: Ich denke, ich kann durchaus abschätzen, wieviel Zeit dafür draufgeht. Ich danke auch allen dafür, dass sie sich diese Zeit nehmen. Trotzdem denke ich nicht, dass 500 Euro pro Semester dafür bezahlt werden sollten, auch wenn das sicher ein lausiger Stundenlohn wäre. Einer meiner Gründe ist, dass das in meinen Augen eine ungerechtfertigte Bevorzugung von hochschulpolitischem Engagement gegenüber anderem Engagement ist. Es gibt schließlich noch viele andere Studentengruppen, deren Mitglieder mit sicher ebenso viel Engagement und Zeitaufwand um die Bereicherung des Uni-Lebens kümmern, z.B. indem sie Kultur- oder Fachveranstaltungen organisieren. Wieso ist das 500 Euro weniger wert?
Zum Punkt „Bestechung“: Ich habe in meinem Kommentar diesen Vorwurf keinesfalls erhoben. Ich bin mir auch sicher, dass das nicht die Absicht der Uni ist und auch keinen Effekt auf die Arbeit der Personen und Gremien hat. Ich bin allerdings der Meinung, dass es für Außenstehende (und dazu zählen nicht nur Externe, sondern auch Studierende) diesen Anschein erwecken könnte. Daher sollte diese Bevorzugung abgeschafft werden, damit die Studierendenvertreter nicht ihre Legitimation in den Augen der Studierenden untergraben.
Grüße, Philipp Wendler