Die demokratische Toilette. Studentenweisheiten IV.

Veröffentlicht von am 27.10.2010, 16:18 | Kommentar

In letzter Zeit vermissen immer mehr Leute eine gewisse  „demokratische Arena“. Sie suchen überall nach dem einen Ort, an dem das Volk noch seine Meinung sagt. An dem über die wirklich wichtigen Themen diskutiert wird. Kann es sein, dass sie tatsächlich ausgestorben ist, die „demokratische Arena“? Ganz und gar nicht! Denn ich habe sie erst neulich wieder entdeckt. Und zwar auf dem Frauenklo in der Zentral-Bibliothek unserer Universität.

Glaubt man den Gerüchten, dann übertreffen die Sprüche auf den Männer-Toiletten, die der Frauen ja um Längen. Zumindest was die Quantität betrifft. Dafür lässt die Qualität der Sprüche auf den Frauen-Toiletten kaum zu wünschen übrig. Klar findet man hier auch die ein oder andere sinnlose Erheiterung. Doch daneben tummeln sich etliche interessante Überlegungen und Diskussionen.

So werden hier aktuelle Bildungsdebatten aufgegriffen und weiterdiskutiert. Ein beliebtes Thema: die Einzelkämpfermentalität. Einige Klogänger sehnen sich nach mehr Teamgeist, während andere einfach nur ihre Prüfungen bestehen wollen. Apropos Prüfungen: Egal wie sehr wir es verdrängen, irgendwann im Laufe des Semesters werden sie ja doch wieder da sein – und zwar gewohnt zahlreich und bedrohlich. Doch Demotivation ist ab jetzt Geschichte. Ein Blick auf die Kabinenwand einer Damentoilette in der Bib genügt. Denn hier muntern sich Studentinnen regelmäßig gegenseitig auf. Soviel zu dem Teamgeist. Auch der scheint noch zu existieren.

Doch die neue Bewegung der Klodemokraten beschränkt sich nicht nur auf die eigene Lebenswelt. In den begehrten Bib-Toiletten findet man gleich zwei ausführliche Kataloge mit Vorschlägen zur Verbesserung der Welt. Von A wie Atomkraft bis T wie Tierschutz gibt es hier eine breite Themenpalette. Wer weiß, vielleicht wird diese Toilette ja in hundert Jahren mal als Keimzelle der Weltrettung gefeiert.

Nichtsdestotrotz, ist und bleibt der beliebteste Grund um eine Toiletten-Kabine zu beschmieren, immer noch die Frustration. Die Frustration über die WM, über die Gesellschaft, über das eigene Studium. Hier kann man sich alles vom Herzen schreiben und keiner schaut einem dabei zu. (Hoffentlich.)

Und so bewahrheitet sich schließlich ein weit verbreitetes Gerücht:  Manchmal kann man in der Bib tatsächlich verblüffende Weisheiten entdecken. Allerdings nicht in Büchern und Zeitungen, sondern eben in Klosprüchen. Ein Beispiel: „Du bist hier in Passau. Du musst nicht essen. Du musst nicht schlafen. Du musst nur studieren.“ Ich glaube es gibt Zeiten, da können wir das alle unterschreiben. Und das ist es doch, was eine „demokratische Arena“ ausmacht. Ja, sie lebt noch, die „demokratische Arena“! Man muss sie nur an etwas außergewöhnlichen Orten suchen.

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Dieser Artikel wurde verfasst von Sunita Sukhana.

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