Eine Frage der Zeit: Dr. Günther Koch im Gespräch

Veröffentlicht von am 20.11.2015, 10:03 | Kommentar

Dr. Günther KochWer kennt die Situation nicht: das ganze Semester hat man sich vorgenommen, dieses Mal wirklich rechtzeitig mit dem Lernen anzufangen und seine Zeit einzuteilen. Dann aber kommt die Prüfungszeit und die Bibliothek wird zum zweiten Zuhause, der Lernstoff türmt sich auf und scheint nicht mehr zu bewältigen.
Dr. Günther Koch beschäftigt sich in mehreren Bereichen mit Zeitmanagement und Strategien zum effektiveren Lernen: Am Zentrum für Schlüsselkompetenzen (ZfS) bietet er die Seminare „Zeit- und Selbstmanagement“ und „Strategisches und akademisches Lesen“ an. Er hat zahlreiche Studienratgeber veröffentlicht und entwickelte im Rahmen seines Lehrauftrags am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der Ludwig-Maximilians-Universität München Strategien für Studierende, mithilfe derer sie ihre Leistungen verbessern können. Zudem ist Dr. Koch Seniorpartner des Unternehmens Gribenko Kommunikation (gk-coaching.de). Im Interview erzählt er uns, wie er zu seiner Tätigkeit als Trainer gekommen ist und welche Methode er persönlich gegen „Aufschieberitis“ empfiehlt.

ZfS: Herr Dr. Günther Koch, Sie haben Lehramt an Hauptschulen studiert und wurden in der Pädagogik promoviert. Wie sind Sie dazu gekommen, Trainer zu werden?

Dr. Günther Koch: Bei meiner Tätigkeit an der Ludwig-Maximilians-Universität und dem Staatsinstitut München arbeite ich natürlich viel mit jungen Menschen. Dabei habe ich erkannt, dass Schule und Studium zwar Wissen vermitteln, dabei wichtige Schlüsselkompetenzen jedoch häufig auf der Strecke bleiben. Ursprünglich war es mir einfach nur ein Anliegen, jungen Menschen zu helfen, den eigenen Erfolg im Studium zu maximieren.
Da jedoch gerade meine Schwerpunkte Speed Reading 2.0, Zeit- und Selbstmanagement sowie Gedächtnistraining/ Lernmanagement auch in der Arbeitswelt wichtige Faktoren sind, die einer Karriere den entscheidenden Schub geben können, hat sich daraus Schritt für Schritt eine umfangreiche Tätigkeit auch in Unternehmen entwickelt.

ZfS: Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Beruf?

Koch: Auf den Punkt gebracht: Im Laufe eines ein- oder zweitägigen Seminars beobachten zu können, wie Teilnehmer neuen Mut fassen, sich den Anforderungen in Studium und Beruf zu stellen und diese mit den neu erlernten Techniken zu bewältigen.

ZfS: Ein Seminar, das Sie am ZfS leiten, ist „Zeit- und Selbstmanagement“. Was hat Sie dazu gebracht, sich mit diesem Thema intensiver zu beschäftigen?

Koch: In den meisten Seminaren und Büchern wird Zeitmanagement so interpretiert, dass Wege gefunden werden, um noch mehr Zeit mit Arbeit zu verbringen. Bereits während meiner Promotion habe ich erkannt, dass das natürlich nicht zielführend sein kann, da das Leben einfach zu viel Spannendes bereit hält, um nur zu arbeiten.

Intelligentes Zeitmanagement bedeutet, die zur Verfügung stehende Zeit wirklich optimal zu nutzen, um bestmögliche Leistungen zu erbringen UND die schönen Dinge des Lebens zu genießen.

ZfS: Ein Thema des Seminars ist das Problem der Prokrastination. Was ist Ihre persönliche Methode, um Dinge nicht unnötig aufzuschieben?

Koch: Prokrastination ist seit einigen Monaten ja wirklich in aller Munde und nahezu jede überregionale Tageszeitung und jedes große Nachrichtenmagazin hat bereits einen Beitrag dazu gebracht. Leider beschränken sich die meisten Ratschläge immer darauf, anstehende Aufgaben minutiös zu planen und mit Willenskraft an die Sache heranzugehen. Wenn es allerdings so einfach wäre, wäre beispielsweise nicht – je nach Studie – jeder zweite Akademiker betroffen.

Ich persönlich empfehle meinen Klienten gerne die Technik Power Hour. Damit habe ich persönlich den größten Erfolg. Bei dieser Technik reservieren Sie zu Tagesbeginn sechzig Minuten, um viele kleine Dinge zu erledigen und gleich früh morgens hinter sich zu bringen, die gerne aufgeschoben werden. So gelingt ein motivierender Start in den Tag!

Außerdem hilft es natürlich, unangenehme Aufgaben in viele kleine Tätigkeiten aufzusplitten und diese nach Erledigung richtig dick auf der To-do-Liste auszustreichen. Auf diese Weise visualisieren Sie die eigenen Erfolge.

ZfS: Sie haben sich auch mit Lesetechniken beschäftigt und unter anderem das Buch „Erfolgreich studieren. Anspruchsvolle Texte verstehen und behalten“ geschrieben. Wieso fällt es Ihrer Meinung nach vielen Studierenden schwer, mit akademischen Texten umzugehen?

Koch: Akademische Texte unterscheiden sich deutlich von dem, was Erwachsene, vor allem aber auch Jugendliche, in der Regel in ihrer Freizeit lesen. Sie zeichnen sich leider nicht nur durch eine besondere Wortwahl, sondern auch durch Aufbau, Satzbau und weitere Elemente aus. Meist handelt es sich ja auch um sogenannte diskontinuierliche Texte. Texte also, die neben Wörtern und Sätzen auch Abbildungen, Schaubilder und Grafiken beinhalten. Wissenschaftliche Texte wollen nicht gelesen, sondern studiert werden. Hier einfach am Anfang zu beginnen und bis zum Ende durchzulesen, ist definitiv der falsche Ansatz.

Um wissenschaftliche Texte tatsächlich umfassend zu verstehen, bedarf es der richtigen Herangehensweise. Diese jedoch können Schulen nur bedingt vermitteln, da es den meisten Schülerinnen und Schülern gelingt, schulische Anforderungen auch ohne spezielle Lesestrategien zu bewältigen. Aber im Studium kommt dann das böse Erwachen. Hier schaffen wir Abhilfe.

ZfS: In Ihrem Seminar „Strategisches und akademisches Lesen“ lernen die Studierenden die Methode des „Speed Reading“ kennen. Diese Methode verspricht, dass man den Lesestoff in viel kürzerer Zeit bewältigt und doch alle wichtigen Informationen aufnimmt. Wie funktioniert das?

Koch: Wenn sich das so schnell beantworten ließe, hätten sich meine Veranstaltungen und Bücher ja erübrigt!

Nein, ernsthaft: Wir beginnen in meinen Veranstaltungen damit, verschiedene Gewohnheiten abzulegen, die uns während des Lesenlernens beigebracht wurden, die unser Lesetempo jedoch bremsen. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Diese Gewohnheiten waren zu Grundschulzeiten und auch noch anfangs an den weiterführenden Schulen sicherlich sinnvoll, aber leider wurde es versäumt, uns diese in der Sekundarstufe wieder abzugewöhnen und unsere Lesekompetenz dadurch auf die nächste Stufe zu heben.

Anschließend lernen und trainieren wir Techniken wie den Doppelten Zeilenschwung oder das Lesen im Rückwärtsgang und geben unserem Lesetempo den letzten Kick.

ZfS: Bitte vervollständigen Sie folgende Sätze:

Ich bin zufrieden mit meinen Seminaren, wenn…

Koch: … die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mir am Ende mitteilen, dass sie darauf brennen, das Gelernte im Alltag umzusetzen.

ZfS: Meine Seminare unterscheiden sich von anderen durch…

Koch: Diese Frage – ich hoffe das gestatten Sie mir – werde ich unbeantwortet lassen. Diese Fragen sollen meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworten. Nur so viel: Bislang wurde ich noch nach jedem Seminar gefragt, welche Themen ich noch anbiete und ob dort noch Plätze frei seien …

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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