Führen ist Übungssache – Johannes Abt im Gespräch

Veröffentlicht von am 14.11.2016, 12:54 | Kommentar

Führung ist erlernbar – da ist sich Johannes Abt sicher. Der Diplom-Ingenieur für Verfahrenstechnik ist als Projektleiter und Senior Projekt Manager in der Automobilbranche tätig und hat langjährige Führungserfahrung. Außerdem ist er Kommunikationstrainer für KEK (Konstruktive Ehe und Kommunikation) sowie Systemischer Coach. Am Zentrum für Schlüsselkompetenzen (ZfS) hält Herr Abt das Seminar „Führung: Erlernbar oder nicht?“ und zeigt, dass jeder, der motiviert ist, gute Führung zu lernen, diese auch lernen kann. Wir haben mit ihm über seinen Werdegang, den von Führungskräften am häufigsten ausgeübten Führungsstil und sein Seminar am ZfS gesprochen.

Johannes Abt, Dozent am Zentrum für Schlüsselkompetenzen der Universität Passau

ZfS: Herr Abt, Sie haben Verfahrenstechnik studiert und arbeiten als Projektleiter und Senior Projekt Manager in der Automobilbranche. Was hat Sie dazu bewegt, eine Weiterbildung zum Kommunikationstrainer für KEK (Konstruktive Ehe und Kommunikation) sowie zum Systemischen Coach zu machen? 

Johannes Abt: Als Projektleiter habe ich es immer mit ganz unterschiedlichen Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Kreisen zu tun. So waren für mich spannende Fragen: Wie kann ich diese Menschen erreichen, was motiviert sie und wie muss Kommunikation gestaltet werden, um Ziele zu erreichen? Als Ingenieur muss ich die mathematischen, physikalischen und technischen Grundlagen beherrschen. Das ist wie eine eigene Sprache, die aber im Projektalltag nicht ausreicht. Nach einer langen Suche nach Möglichkeiten habe ich mich 2008 dazu entschlossen, an einem Institut für Systemische Familientherapie die Ausbildung zum Systemischen Coach zu beginnen und konnte diese Ende 2010 erfolgreich abschließen. Den Lehrgang zum KEK Kommunikationstrainer habe ich aus einer einfachen Motivation heraus gemacht. Ich verbringe viel Zeit in der Arbeit. Meine Frau ist seit vielen Jahren ebenfalls KEK Trainerin und meistens sind wir gemeinsam bei KEK-Kursen als Trainerpaar unterwegs, um die Wochenenden miteinander zu verbringen.

ZfS: Als Projektleiter übernehmen Sie oft die Führung. Gibt es Situationen, in denen Führen schwierig ist? Können Sie dafür ein Beispiel nennen? 

Abt: Als Projektleiter (PL) übernehme ich generell die Führung der Teams. Momentan leite ich drei Projekte in Europa. Die organisatorische Führung der Projektmitarbeitenden stellt dabei die größte Herausforderung dar. In der Regel sind die Projektmitarbeitenden in einer sogenannten Linienorganisation verschiedenen Teams zugeordnet und werden durch Teamleitende disziplinarisch geführt. Projektbelange kollidieren dadurch immer wieder mit Team- oder Fachbereichsbelangen. Mitarbeitende geraten so in schwierige Situationen, da sie Prioritäten setzen müssen – für das Projekt oder ihre Linienaufgaben. Meist entscheiden sie sich gegen das Projekt, was in der Regel zu Konflikten mit dem Projekt oder den Projektaufgaben führt. Verzögerungen bei der Abarbeitung sind die Folge. Hier muss ich als PL mit den Führungskräften und den betroffenen Mitarbeitenden durch Gespräche Lösungen finden, um den Erfolg für das Projekt zu sichern.

ZfS: Was bedeutet für Sie gute Führung?

Abt: „Gute“ Führung ist relativ. Auf diese Frage bekommen Sie meines Erachtens keine allgemeingültige Antwort. Die Frage ist viel mehr, wann fühle ich mich gut geführt? Wie viel Eigenverantwortung, wie viel Unterstützung durch die Führungskraft ist nötig, damit der Mitarbeitende das gewünschte Arbeitsergebnis erzielt? Respekt, Freundlichkeit und Höflichkeit sind sicherlich die Basis für eine „gelungene“ Führung.

ZfS: Gibt es einen Führungsstil, der in der Berufswelt besonders häufig ausgeübt wird? Sehen Sie dabei Unterschiede zwischen Frauen und Männern?

Abt: Ja sicher. In der Industrie sehe ich schon einen bestimmten Führungsstil. Immer mehr Firmen achten darauf, dass ihre Führungskräfte situativ führen. Das bedeutet, eine Führungskraft achtet gezielt auf den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin und dessen oder deren Belange und passt das Führungsverhalten der Situation entsprechend an. Dass dies nicht immer und überall gelingt, ist selbstredend und hängt unter anderem von der Führungspersönlichkeit ab. Bezüglich Ihrer Gender-Frage kann ich Ihnen keine konkrete Antwort liefern. Ich bin seit April einer neuen Abteilung zugeordnet worden, die von einer Frau geleitet wird. Dies ist für mich eine neue Erfahrung. Soll heißen, es gibt noch zu wenige Frauen in den entsprechenden Positionen, um entsprechende Erfahrungen sammeln zu können. Ich bin jedoch mit der aktuellen Situation sehr zufrieden.

ZfS: Am ZfS geben Sie das Seminar „Führung: Erlernbar oder nicht?“ Inwiefern kann man Führen erlernen und welche Rolle spielt dabei die eigene Persönlichkeit?

Abt: Führung kann man erlernen, wenn die innere Haltung und Bereitschaft, für Menschen Verantwortung zu übernehmen, gegeben sind. Selbstverständlich bedarf es der Übung. Denn wie bei allem gilt der alte Grundsatz, dass „…noch kein Meister vom Himmel gefallen“ ist. Natürlich spielt dabei die eigene Persönlichkeit (eigene Prägungen) eine große Rolle. Häufig erlebe ich Studierende als unsicher oder unschlüssig, ob sie als Führungskraft geeignet sind. Das Wollen ist dabei gefragt und nicht so sehr das Können, denn das kommt mit jeder noch so kleinen Führungsaufgabe, der ich mich stelle.

ZfS: Was lernen die Studierenden in Ihrem Seminar konkret, was ihnen bereits im Studium nützlich sein kann? 

Abt: Die Studierenden erfahren in den zwei Tagen einiges über sich und die „anderen“, wie sich eigene Wahrnehmung und fremde Wahrnehmungen unterscheiden können und wie sich persönliche Prägungen in der Form des Führens wiederfinden. Im Studium werden die Teilnehmenden nur dann etwas für sich und für das Studium mitnehmen können, wenn ihnen bewusst wird, dass jede Form von Gruppen- oder Teamarbeit Führung erforderlich macht. In diesem Kontext geht es meist darum, ein gemeinsames Ziel zu definieren und anschließend zu erreichen.

ZfS: Bitte vervollständigen Sie folgende Sätze:

Meine Seminare unterscheiden sich von anderen dadurch, dass…

Abt: … in Rollenspielen Führungssituationen nachgespielt werden, in denen die Studierenden sich im Kleinen ausprobieren und an das Thema „Führung“ herantasten können, ohne dabei unmittelbar mit Konsequenzen, die der Alltag einer Führungskraft mit sich bringt, konfrontiert zu werden.

ZfS: Und: Ich bin zufrieden mit dem Seminar, wenn…

Abt: … die Teilnehmenden nicht nur wegen des einen Credit Point mein Seminar besuchen, sondern sich mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzen wollen und dementsprechend Neugierde mitbringen.

ZfS: Vielen Dank für das Gespräch!

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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