Persönlichkeitsentwicklung – Friederike Matheis im Gespräch

Veröffentlicht von am 20.01.2017, 19:46 | Kommentar

Schon im ersten Gespräch erkennen Personaler, ob die Bewerberin oder der Bewerber vor ihnen echt ist – sagt Friederike Matheis. Die Kommunikations- und Persönlichkeitstrainerin, die ihre berufliche Laufbahn als Rechtsanwältin begonnen hat, arbeitet heute als Mediatorin und Coach und bietet unter ihrer eigenen Marke „beyourself!“ Persönlichkeitsseminare an. Am Zentrum für Schlüsselkompetenzen (ZfS) hält Matheis das Seminar „Persönlichkeitsentwicklung: Basisseminar“. Wir haben mit ihr über ihren ungewöhnlichen beruflichen Werdegang gesprochen, den Stellenwert der eigenen Persönlichkeit in der Arbeitswelt und wie authentische Selbstvermarktung funktioniert.

Persönlichkeitsentwicklung - Wortfeld

ZfS: Frau Matheis, seit über 35 Jahren sind Sie als Rechtsanwältin tätig. Neben Ihrer juristischen Laufbahn haben Sie sich aber auch zur Kommunikations- und Persönlichkeitstrainerin und zur Mediatorin ausbilden lassen. Wie kam es dazu?

Friederike Matheis:
Mit 26 Jahren wurde ich in Hamburg als Rechtsanwältin zugelassen. Nachdem ich mich zunächst mit Gesellschaftsrecht und Arbeitsrecht beschäftigt hatte, machte ich mich, mit 28 Jahren, mit einer eigenen Kanzlei selbständig. In meiner Kanzlei übernahm ich vor allem Familienrechts- und Scheidungsmandate und erfuhr dabei viel über Erwartungen, Hoffnungen und Enttäuschungen bezüglich der Ehe und der Familienplanung. Neben meiner Anwaltstätigkeit nahm ich an Persönlichkeitsentwicklungs- und Kommunikationskursen teil und belegte an einer Heilpraktiker Schule vier Semester Grundlagen der Psychologie. Nachdem ich viel über Funktionieren und Eskalieren von Beziehungen gelernt hatte, wurde ich der routinierten Anwaltstätigkeit schließlich überdrüssig. Ich wollte eine Beratung geben, die meine Klienten zufriedener und glücklicher machte. Ich fing an, eigene Seminare zu geben, die ich „Scheidung als Chance“ nannte. Meine andere Perspektive auf Konflikte und deren Lösungsmöglichkeiten führten jedenfalls dazu, dass ich für meine Mandanten mehr friedliche Vergleiche schloss. Im Jahr 1998 hängte ich meine Robe an den Nagel und begann Menschen zu beraten und zu coachen. Im Jahr 2000 machte ich meine Ausbildung mit Zertifikat zur Mediatorin und später eine Ausbildung zum neurowissenschaftlichen Bildungsmanagement. Heute bin ich zwar immer noch Rechtsanwältin, aber ich arbeite de facto nicht mehr als Anwältin, sondern als Coach für Rechtsanwälte und Selbständige, als Mediatorin in Rechtskonflikten und insbesondere auch als Persönlichkeitsentwicklungs-Trainerin unter meiner eigenen Marke „beyourself!“ Besonders gerne gebe ich Seminare an Universitäten, in denen ich mit jungen und sehr motivierten Menschen arbeiten kann, die das Leben noch vor sich haben.

ZfS: Sie bieten eine Vielzahl an Seminaren im Bereich Persönlichkeitsentwicklung an. Welchen Stellenwert spielt die eigene Persönlichkeit in der Arbeitswelt?

Matheis: Einen herausragenden Stellenwert. Ich höre und lese heute immer wieder, dass die Unternehmen sich darüber beklagen, dass die jungen Bachelor- und Masterabsolventen und –absolventinnen nicht über ausreichend Soft Skills, wie vernünftige Kommunikationskenntnisse und Entscheidungsvermögen verfügen. Dies sind alles Aspekte der Persönlichkeit. Zur Persönlichkeitsentwicklung gehört, dass sich ein Mensch selbst kennenlernt, seine bisherige Entwicklung untersucht, eigene Meinungen und Überzeugungen infrage stellt, ein klares Ich-Bewusstsein hat und Kritik aushält und für sich nutzbar machen kann. Zur Persönlichkeitsentwicklung gehört auch Mut, Entscheidungen zu treffen, konstruktive Lösungen zu wagen und auch mal gegen den Strom zu schwimmen. Eine Persönlichkeit sagt nicht „Man macht das so…“, sondern „Ich mache das“. Und zur Persönlichkeitsentwicklung gehört auch soziales Verhalten, Empathie und Kooperation mit anderen zu lernen. Dies sind notwendige Kompetenzen, um erfolgreich in Teams und an Projekten arbeiten zu können.

ZfS: Selbstvermarktung ist in der heutigen Arbeitswelt unverzichtbar und beginnt bereits bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz. Die drei Erfolgskriterien Kompetenz, Leistungsmotivation und Persönlichkeit sind hier von besonderer Bedeutung. Wie gelingt es jungen Absolventinnen und Absolventen, diese erfolgreich zu vermitteln?

Matheis: Eine Persönlichkeit „vermittelt“ man nicht, man ist sie. Wenn ein Mensch beispielsweise schüchtern ist, kann er nicht so tun als wäre er es nicht. Sie können nicht verhindern, rot anzulaufen, wenn Sie dazu neigen, rot zu werden, wenn Ihnen etwas peinlich ist. Eine Persönlichkeit ist respektvoll im Auftreten, echt und mutig, auch und gerade wenn es um sogenannte „Schwächen“ geht. Authentisch sein und zu sich zu stehen, ist gerade für junge Menschen mit Angst besetzt, ist aber der beste Weg, um von der eigenen Persönlichkeit zu überzeugen. Und Kompetenz zeigt sich eben sehr schnell im Verhalten. Hat die Person den Mut „Ich“ zu sagen, oder versteckt sie bzw. er sich hinter dem anonymen „man“. Personaler erkennen beispielsweise schon beim ersten Gespräch, ob der Bewerber vor ihnen authentisch ist oder auswendig gelernte Antworten aus dem Internet widergibt. 

ZfS: Am Zentrum für Schlüsselkompetenzen (ZfS) bieten Sie das Seminar „Persönlichkeitsentwicklung: Basisseminar“ an. Wer sollte dieses Seminar besuchen?

Matheis: Jeder junge Mensch, der Interesse an Fragen hat wie: Wer bin ich? Wie bin ich geworden, wie ich bin? Was will ich mit meinem Leben anfangen? Was ist mir wichtig? Wie kann ich mit anderen gut kooperieren und kommunizieren? Wie entstehen Missverständnisse? Wie will ich mich weiterentwickeln? Was sind meine Ziele? Wir diskutieren viel und lassen die Seminarteilnehmenden in Brainstormings und Kleingruppen ihre eigenen Antworten finden. 

ZfS: Was lernen Studierende in Ihrem Seminar?

Matheis: Die Studierenden erfahren erst einmal – hoffentlich mit Erleichterung – dass Persönlichkeitsentwicklung ein lebenslanger Prozess ist. Man ist nie perfekt. Dazu erkläre ich in einer kleinen Einführung, wie sich unsere Persönlichkeit im Gehirn abbildet und mit der Zeit durch neue Erfahrungen verändert. Studierende lernen sich selbst besser kennen und erfahren gleich zu Beginn, wie ein Team funktioniert, wie man sich und andere präsentiert und wie sich der Einzelne im Team erfolgreich einbringt. Sie werden sich über eigene Werte und Ziele klarer, entdecken mehr über ihre eigenen Stärken und lernen mit Fremd- und Selbstkritik umzugehen. Außerdem zeige ich ihnen, wie man mit Hilfe des Vier-Brunnenbecken-Balance-Modells Ziele, der eigenen Persönlichkeit entsprechend, definiert und wie man sie verfolgt. Und wir beschäftigen uns damit, wie man eigene behindernde Überzeugungen erkennt und sie durch hilfreiche Entscheidungen ersetzt. Dazu gebe ich auch viele kleine Beispiele aus meiner eigenen Lebenserfahrung dazu, um Dinge zu demonstrieren und nachvollziehbar zu machen. Sie lernen mutiger und mit mehr Selbstvertrauen in die Zukunft zu schauen. 

ZfS: Was wünschen Sie sich für Ihr Seminar?

Matheis: Neugierige, motivierte, kooperationsbereite, lebendige junge Menschen, die sich etwas trauen und richtig mitmachen. Studierende, die aus dem Seminar etwas für sich und für ihr Leben mitnehmen wollen.

ZfS: Danke für das Gespräch!

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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