Nonverbale Kommunikation – Alexander Veit im Gespräch

Veröffentlicht von am 21.01.2017, 12:35 | Kommentar

Alexander Veit ist ausgebildeter Pantomime und als selbstständiger Trainer und Dozent zum Thema Körpersprache tätig. Am ZfS hält er die Seminare „Nonverbale Kommunikation verstehen und nutzen“ sowie „Nonverbale Kommunikation im Unterricht“. Laut ihm spielt nonverbale Kommunikation, also Körpersprache, eine große Rolle für die Empathie und Sympathie zwischen Menschen und hat daher einen großen Einfluss auf die Selbstpräsentation und wie diese vom Gegenüber wahrgenommen wird. Wir haben mit Herrn Veit über die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Kommunikation und die Herausforderungen und Inhalte seiner Seminare gesprochen.

Alexander Veit, Dozierender am ZfS der Universität Passau

ZfS: Herr Veit, Sie wurden in London am Mime Centre zum Pantomimen ausgebildet, Sie haben Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in München studiert, waren Regisseur des Freisinger Theatersommers am Domberg und sind seit 1998 als selbständiger Trainer und Dozent zum Thema Körpersprache in ganz Deutschland tätig. Was gefällt Ihnen besonders an der Trainer- und Lehrtätigkeit in Ihrem Bereich?

Alexander Veit:
Die Arbeit mit jungen Menschen! Und ihrer Vorstellung, in dieser Welt sich einen Platz zu suchen, wirken zu wollen, etwas bewegen zu wollen. Das Bedürfnis auch wissen zu wollen, wie sie es „richtig“ machen, mit dem Körper. Körpersprache ist vereinfacht gesprochen das „Wie“ einer Botschaft. Fragen wie: „Wie ist der averbale Ausdruck zu beschreiben und zu bewerten“ und „Wie wirke ich auf andere“ zu diskutieren, macht immer wieder sehr viel Spaß im Kontext eines Seminars.

ZfS: Welche Rolle spielt nonverbale Kommunikation bei der Selbstpräsentation?

Veit: Das Nonverbale ist das, was uns verbindet, egal wie wir beschaffen sind, wie wir aussehen, alt oder jung, krank oder gesund, unser „Körper-Sein“. Wir alle haben einen Körper. Dieser spielt eine große Rolle für die Empathie und die Sympathie zwischen Menschen. Dann kommen die Normen und Bewertungen der körperlichen Erscheinung der Person dazu, die z.B. einen Vortrag hält. Ohne Sprache gäbe es ja keine Körpersprache. Dementsprechend gibt es mehrere zentrale Regeln, um gute Voraussetzungen für einen gelungenen Auftritt zu schaffen.

ZfS: Ein Vortrag, den Sie dieses Jahr gehalten haben hieß: „Kann sich Ihr Körper in ein emoij verwandeln?“ und dreht sich auch darum, wie sich Kommunikation mit der Digitalisierung verändert. Können Sie Veränderungen benennen und kurz erläutern?

Veit: Die Verschriftlichung der Kommunikation geht auf Kosten der Kontingenz, also der feinabgestimmten Offenheit des Ausdrucks, eine Art „open space“ für den Empfänger, mit vielen Möglichkeiten der Interpretation. Wenn ich schreibe, lege ich mich anders fest als durch mündliche Übertragung oder Körpersprache. Digitale Kommunikation eröffnet schnell ein neues Feld der Missverständnisse; daher überlege ich mehr und sichere mich mehr ab. Analoge oder direkte Kommunikation hat mehr Spielraum und Toleranz dem Gesagten gegenüber. Ein weiterer Punkt: digitale Kommunikation produziert abwesende Anwesenheit. Anders formuliert: im öffentlichen Raum verstecken sich Menschen mental oder seelisch im Web, während sie körperlich da sind. Man schaut nicht mehr aus dem Fenster, wenn gerade nichts passiert, sondern checkt seine Mails. Und: wenn Menschen die Welt, das Museum, den Eiffelturm überwiegend mit dem Smartphone vor der Nase erleben, wirft das schon Fragen über eine sich verändernde Welt-Wahrnehmung auf.

ZfS: Sie haben lange Zeit in Bayern gelebt und gearbeitet, wurden in London ausgebildet und wohnen nun seit 2012 in Berlin. Haben Sie regionale Unterschiede bei der Körpersprache bemerkt? Falls ja, welche?

Veit: Differenz zu benennen und sie zu beschreiben ist ja nicht mehr ungefährlich. Und das versuche ich in meinen Seminaren zu vermitteln: entdecke einen Unterschied und beschreibe ihn. Verschiebe etwas die Bewertung. Das vorweg. Natürlich gibt es kulturbedingte Unterschiede, Kleidungsvariationen, Nähe-Distanz-Verhandlungen, Berührungsnormen. Smalltalk-Regeln, Blickdauer (wie lange schaue ich einen Menschen an, wie ist mein Augenverhalten in welcher Situation?), Verabschiedungsrituale. Diese Wahrnehmungen kultureller Unterschiede bleiben immer sehr spannend. 

ZfS: Am ZfS bieten Sie die Seminare „Nonverbale Kommunikation verstehen und nutzen“ sowie „Nonverbale Kommunikation im Unterricht“ an. Was sind dabei die größten Herausforderungen für die Studierenden?

Veit: Sich zu zeigen. Verstehen, dass äußere Erscheinung auch dazugehört, verstehen, dass wir Rollen spielen, dass die eigene Rolle nicht festgelegt ist, dass der Begriff Authentizität (sei authentisch!) sehr fragwürdig ist; denn das kann eine ähnlich schwierige oder paradoxe Anweisung sein wie „Sei spontan“. Wir können authentisch wirken, natürlich. Die Frage, die sich anschließt, wäre allerdings, ob wir es selbst auch so empfinden. Außerdem, dass passive Kommunikation auch eine Art von Kommunikation ist und, dass es keinen Stillstand im Körper gibt.

ZfS: Warum sollten Studierende diese Seminare besuchen und welche Kompetenzen können sie dabei erwerben?

Veit: Selbstwahrnehmung, Stärken wahrnehmen, Experimentierfreude. Tools zur Präsentation, Kommunikation als Herausforderung begreifen, Vorbereitung und Nachbereitung, Bühnendenken.

ZfS: Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: 
Ich bin zufrieden mit dem Seminar, …

Veit: … wenn das Experiment, das Spiel, das praktische Ausprobieren gelungen ist und der Anstoß zum Weiterlernen gegeben war.

ZfS: Danke für das Gespräch!

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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