IPv6 an der Universität (Update 8.7.)

Veröffentlicht von am 8.07.2014, 19:00 | Kommentar


Logo des World IPv6 Launch Day

Am kommenden Dienstag, den 8.7.2014 findet die nächste Sitzung des IT-Beirats statt. Auf der Tagesordnung steht das Thema IPv6, das „Internet der Zukunft“. Es soll darüber beraten, diskutiert und schließlich abgestimmt werden, wann und wie die Einführung vonstatten gehen wird um den 2009 erstellten Aktionsplan des IPv6-Rats umzusetzen.

Was ist „IP“?
Das IP-Protokoll ist ein elementarer Baustein von Rechnernetzen und stellt in Version 4 (IPv4) seit 1983 die Grundlage für den Betrieb des Internets dar. Es sorgt dafür, dass an einem Netzwerk beteiligte Rechner über sogenannte IP-Adressen ansprechbar sind.  In der Version 4 bestehen diese Adressen aus 4 Gruppen von Zahlen, jeweils im Zahlenraum von 0 bis 255. Der Webserver der Universität z.B. hat die Adresse 132.231.51.59. Im Alltag kommen Nutzer damit kaum in Berührung – URLs wie www.uni-passau.de verbergen diese technischen Interna vor Nutzern.

Probleme mit IPv4
Die 4 Millarden rechnerisch möglichen IPv4-Adressen erschienen anfangs als mehr als genug, die in der Praxis auftretenden Probleme kamen erst später ans Licht. Seit 2011 sind nun alle Adressbereiche vollständig belegt und es gibt keine weiteren freien Adressen mehr. Verschärft wird das Problem durch ein globales Ungleichgewicht bei der Verteilung der IPv4-Adressen. So sind große Teile der Adressen Nordamerika und Europa zugeteilt, wodurch vor allem viele asiatische Regionen und Afrika keine IPv4-Adressen erhalten.

Dieses Ungleichgewicht ist aus organisatorischen Gründen leider nicht mehr rückwirkend änderbar und führt zu Einschränkungen der Bürger der benachteiligten Länder. Ihnen ist es nur durch aufwändige technische Workarounds möglich, zumindest in eingeschränkter Weise am Internet zu partizipieren. Die schlechte Verteilung der IPv4-Adressen führt zudem zu teurem Routing (der Verbindungsaufbau, z.B. beim Besuch einer Webseite).

Die Lösung: IPv6
Eine Lösung für diese und weitere Probleme wurde bereits 1998 vorgeschlagen: Die Version 6 des IP-Protokolls. Vor allem die erheblich größere Anzahl verfügbarer Adressen ermöglicht eine gerechte Neuverteilung, so dass jede Region der Welt genug IPv6-Adressen erhalten kann. Dadurch erleichtert sich auch gleichzeitig das Routing, da man ähnlich den Telefonnummern ganze Ziffernblöcke an einzelne Regionen zuweisen kann.

IPv6 bietet aber auch noch eine Reihe weiterer Vorteile. Durch die verpflichtende Integration eines IPsecs genannten Mechanismus ist nun z.B. eine Verschlüsselung und Authentifizierung auf IP-Ebene möglich. Ein wichtiger Punkt in Sachen Sicherheit, vor allem in Zeiten globaler Überwachung. Mit weiteren Protokolldetails wie z.B. „Mobile IP“ wird eine Erreichbarkeit des Endnutzers unabhängig von seinem Standort ohne aufwändige Workarounds möglich. Die Erweiterung bzw. Vereinfachung von Multicast (das Senden desselben Inhalts an mehrere Empfänger) ermöglichen das kosteneffizientere Streaming großer Datenmengen, z.B. Liveübertragungen. Die PrivacyExtension erlaubt ein regelmäßiges Wechseln der IPv6-Adresse, um im Internet nicht direkt identifizierbar zu sein und vieles weitere mehr.

Nach einem vergleichsweise langsamen Start ist IPv6 heute längst keine Randerscheinung mehr. Vor allem große Diensteanbieter wie Google, Youtube, Facebook und Heise, aber auch viele der deutschen Universitäten (z.B. LMU und TUM) unterstützen IPv6. Auch die Netzbetreiber sind mit dabei: Neukunden bei Telekom, Kabel Deutschland und Unity Media erhalten seit einiger Zeit von Haus aus IPv6, bei Kabel Deutschland und Unity Media wird dabei IPv4 sogar nur noch in eingeschränkter Weise unterstützt und die Rechner der Kunden erhalten keine global gültigen IPv4-Adressen mehr. Ebenso bieten alle gängigen Betriebssysteme seit längerem IPv6 out-of-the-box an. Man kann mit Recht behaupten, dass für einen Großteil der deutschen Internetnutzer IPv6 verfügbar ist.

Die Protokollerweiterung von Version 4 auf 6 darf man sich dabei nicht wie bei herkömmlicher Software vorstellen. IPv4 und IPv6 stellen zwei unterschiedliche Netzwerke dar, können aber problemlos parallel auf der gleichen Leitung betrieben werden. Probleme ergeben sich daraus vor allem für Benutzer von IPv4, da es ihnen nicht möglich ist, auf Dienste im IPv6-Netz zuzugreifen. Eine Situation, auf die die Universität im aktuellen Zustand nicht vorbereitet ist.

Die Situation an der Uni
Das Netzwerk der Uni Passau bietet auch heute noch kein IPv6. Dabei war das Thema bereits 2009 erstmals auf der Tagesordnung des IT-Beirats. Bei der damaligen Erweiterung bzw. Erneuerung der Hardware der Universität wurde – auch auf Anregung des IT-Beirats – darauf geachtet, dass die Infrastruktur der Universität mit dem Netz der Zukunft zurecht kommt. Leider konnte man sich damals aber noch nicht dazu durchringen, IPv6 auch einzuführen. Dabei hielte sich der Aufwand je nach „Umsetzungsgröße“ durchaus in Grenzen.

In einer ersten Phase wäre es denkbar, für die Universität einen entsprechend großen Bereich an IPv6-Adressen zu reservieren und interessierten Forschungs- und Lehreinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Dadurch wäre es vor allen den Mitgliedern der Fakultät für Informatik und Mathematik möglich, endlich auch in der Praxis von IPv6 Gebrauch zu machen und Erfahrungen zu sammeln. Der Aufwand für die Universität wäre dabei minimal und würde sich vor allem auf die Erweiterung der Firewall zur Absicherung des Netzes beschränken.

In einem zweiten Schritt wäre dann eine Erweiterung des zentralen Webservers der Universität denkbar. Dadurch wäre es auch für Externe möglich, zumindest die Webseiten der Universität per IPv6 zu erreichen. Man könnte somit mit vielen anderen Universitäten gleichziehen.

Das wünschenswerte Endergebnis der Erweiterung aller Dienste auf IPv6 hingegen würde etwas höheren Aufwand bedeuten. Dadurch könnten jedoch alle Dienste der Universität wie Webseiten, Blogs, Bibliothek, WLan, Mail,… erweitert werden.

Wer entscheidet?
Wer aber entscheidet über die Einführung von IPv6 und sonstigen technischen Fragen an der Universität? Der IT-Steuerkreis. Dieser Kreis aus sehr wenigen Personen wird dabei aktiv durch den IT-Beirat beraten, welcher auch entsprechende Empfehlungen ausspricht. Dort sind unter anderem auch die Vertreter der Fachschaften beteiligt. Die komplette Zusammensetzung des IT-Beirats findet sich hier.

Seit der Sitzung von 2009 hat sich einiges geändert. Die heutige große Verbreitung von IPv6 und die Versuche einer breiteren Aufklärung lassen jedoch darauf hoffen, dass dem Thema IPv6 in der kommenden Sitzung des IT-Beirats am Dienstag, den 8.7 die Aufmerksamkeit geschenkt wird, die es verdient hat. Wir sind auf jeden Fall zuversichtlich, dass unsere Uni noch in diesem Jahr den Anschluss an den Stand der Technik zurück gewinnen kann.

Auch ihr seid gefragt: Wendet euch an eure Fachschaft, an die Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter und nutzt alle sonstigen Kontakte zum IT-Beirat, damit sie die Wichtigkeit von IPv6 erkennen und sich dafür stark machen, dass auch an der Universität Passau endlich das Internet der Zukunft erreichbar wird.

Update 8.7.:
Wir möchten es nicht verpassen, auch die Leserschaft dieses Blogs über das heutige Ereignis zu informieren. In der heutigen Sitzung des IT-Beirats am 8.7.2014 stellte Dr. Rank, Leiter des Bereichs Netzwerk und Telekommunikation am Rechenzentrum, einen Plan zur Einführung von IPv6 im Netzwerk der Universität Passau vor.

Nach diesem Plan kann ab dem 2. Quartal 2015 von interessierten Einrichtungen ein Subnetz/VLAN mit IPv6 beantragt werden. Der Plan wurde dabei einstimmig von allen Anwesenden des IT-Beirats befürwortet und wurde auf die organisatorischen Voraussetzungen abgestimmt!

Wir bedanken uns hiermit recht herzlich bei allen Verantwortlichen, die Wichtigkeit dieses Themas erkannt zu haben. Wir bedanken uns insbesondere bei Prof. Kosch für seine Unterstützung und bei Dr. Rank für die Erstellung des entsprechenden Plans.

Da der IT-Beirat ein Vorschlags- und Beratungsgremium darstellt, muss der Plan allerdings noch vom IT-Steuerkreis abgesegnet und evtl. Kosten mit der Haushaltsabteilung abgestimmt werden. Wir sind hier allerdings mehr als zuversichtlich und freuen uns auf 2015.

Für technisch Interessierte sei noch darauf hingewiesen, dass das beim DFN reservierte Subnetz für die Universität Passau 2001:638:a07::/48 lautet.

Erneut einen herzlichen Dank an alle, die uns unterstützt haben und die diesem Plan zugestimmt haben.

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Dieser Artikel wurde verfasst von Passauer Piraten-Hochschulgruppe.

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