Always apologise! – Von nebulösen Briten und unhöflichen Deutschen

Veröffentlicht von am 6.05.2015, 09:51 | Kommentar

4image.ph2pIm Bereich sozial-kommunikative Kompetenz bietet das ZfS zahlreiche Seminare zur interkulturellen Kompetenz an. Seit einigen Jahren macht Nina Merrens die Studierenden auf kulturelle Besonderheiten in Großbritannien aufmerksam, und hilft bei der Vorbereitung für Auslandsaufenthalte. Im Interview erzählt uns die geborene Britin, die unter anderem für BMW, Siemens und die UN tätig ist, welche kulturellen Besonderheiten uns im Vereinigten Königreich erwarten und warum man mit britischen Geschäftspartnern erst mal ein Bier trinken sollte.

Zum Wintersemester 2015/2016 wird die Veranstaltung „Interkulturelle Kompetenz: Großbritannien“ nicht mehr nur als Pflichtseminar für Studierende des Bachelors Kulturwirtschaft, sondern auch als frei wählbares Seminar für alle anderen Interessierten angeboten.

ZfS: Was sind die wichtigsten kulturellen Unterschiede Deutschlands und Großbritanniens?

Meiner Meinung nach liegen die Hauptunterschiede in der Art, wie kommuniziert wird. Im Vereinigten Königreich, vor allem im Süden, sind wir meist sehr indirekt. „Wir reden um den heißen Brei herum“ und entschuldigen uns ständig. Deutsche kommunizieren direkter.

ZfS: Briten stehen immer brav in der Schlange, trinken jeden Tag Tee und haben einen bitterbösen Humor. Wie viel Wahres ist dran an unseren Klischees über Briten?

 Gewöhnlich ist an Klischees meist etwas Wahres dran, aber Kulturen entwickeln sich mit der Zeit und es ist wichtig, diese Klischees zu hinterfragen und zu analysieren, wie vieles davon wirklich stimmt. Zum Beispiel: Es war immer typisch britisch, keine Gefühle zu zeigen. Deshalb wird ja auch so oft von der „stiff upper lip“, der steifen Oberlippe der Briten, gesprochen. Dies hat sich jedoch im Laufe der letzten Jahre verändert. Eine Konstante in der britischen Kultur ist es aber, dass wir das Leben nicht zu ernst nehmen. Auch unser Bedürfnis nach Humor ist noch immer eine kulturelle Besonderheit.

ZfS: Können uns Klischees beim Umgang mit Menschen anderer, z.B. der britischen, Kultur helfen?

 Ich denke, Klischees können Hilfestellungen beim ersten Kontakt mit einer ansonsten fremden Kultur bieten. Grundsätzlich sollte man Klischees aber als Ausgangspunkt für Diskussionen sehen.

ZfS: Was sind typische Konfliktsituationen, die in der deutsch-britischen Zusammenarbeit im wirtschaftlichen Kontext entstehen?

 Bei deutsch-britischen Konflikten geht es meist um High- und Low-Context-Kommunikation, also darum, ob etwas direkt angesprochen wird oder nicht. Einer meiner deutschen Kunden beschrieb seine britischen Geschäftspartner einst als „personifizierte Mauern aus Nebel“. Andererseits habe ich auch schon in Projekten gearbeitet, bei denen die britischen Teilnehmer geradezu geschockt waren von dem, ihrer Ansicht nach, unhöflichen und rauen Kommunikationsstil der Deutschen.

ZfS: Welche Fettnäpfchen sollten Deutsche in Großbritannien vermeiden?

 Ich denke, wir sollten uns über diese berüchtigten „Fettnäpfchen“ nicht zu viele Sorgen machen. Die ganze Diskussion über Fettnäpfchen ist sehr deutsch, und sie kann dazu führen, dass man sich gehemmt fühlt und nicht mehr natürlich wirkt. Ich würde vor allem dazu raten, sich mehr auf die Beziehung mit dem Gegenüber zu konzentrieren und eine angenehme Atmosphäre zu schaffen. Dies geht am besten durch etwas Small Talk, oder wenn man gemeinsam ein Bier trinken geht. Wenn die Atmosphäre stimmt, läuft meist auch der Rest reibungslos!

ZfS: Was sollte man bei Bewerbungen und Vorstellungsgesprächen in Großbritannien berücksichtigen?

 Hierzu biete ich ein eigenes Modul in meinem Seminar an. Ein Tipp, den ich immer gebe, ist es, so authentisch wie möglich zu sein – Das klappt meistens!

ZfS: Welche grundlegenden Tipps geben Sie Ihren Seminarteilnehmenden mit auf den Weg?

 Im Kontakt mit Briten ist es wichtig, eine Beziehung mit dem Gegenüber aufzubauen, zu erkennen, wie wichtig es ist, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen und Small Talk zu führen. Man sollte sich selbst nicht zu ernst nehmen und schlechte Nachrichten sollten stets schön verpackt – „gift-wrapped“ – werden. Und last but not least: Always apologise!

ZfS: Vielen Dank für das Gespräch.

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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