Einblicke in die praktische Migrations- und Asylpolitik: Studentinnen der Universität Passau besuchen Bayerischen Landtag und Nichtregierungsorganisationen in München

Veröffentlicht von am 19.07.2015, 20:18 | Kommentar

ExkursionsgruppeWie kann die Situation von Flüchtlingen in Deutschland verbessert werden? Wie sehen hierbei die nächsten, notwendigen Schritte der Politik aus? Mit diesen und weiteren Fragen machte sich am Donnerstag, den 02. Juli 2015 eine Gruppe von 14 Studentinnen der wissenschaftlichen Übung „Europäische Migrationspolitik“ der Universität Passau auf den Weg nach München.

Ziel der Exkursion unter der Leitung von Dipl. sc. Pol Univ. Alexandra Schmid waren der Bayerische Landtag sowie ortsansässige Nichtregierungsorganisationen. Bei einem Gespräch mit dem Landtagsabgeordneten Professor Michael Piazolo sowie im Rahmen der Diskussionsrunde erfuhren die Teilnehmerinnen mehr über die praktischen Implikationen der europäischen und deutschen Migrationspolitik.

Zuerst stand ein Termin mit Führung im Bayerischen Landtag bei dem Landtagsabgeordneten der Freien Wähler, Professor Michael Piazolo, auf der Agenda. Dieser ist Vorsitzender des Landtagsausschusses für Wissenschaft und Kunst und Sprecher der Landtagsfraktion für Hochschulpolitik und Medien. Neben einigen grundsätzlichen Fragen, vor allem mit Bezug auf die Rolle der Freien Wähler als Oppositionspartei, ging Professor Piazolo auch auf migrationspolitische Fragestellungen ein. Er betonte gleich zu Beginn, dass die Flüchtlingspolitik im Bayerischen Landtag in verschiedensten Politikbereichen eine Rolle spielt, daher sei das Thema auch in den unterschiedlichen Ausschüssen präsent. Relevante, migrationspolitische Themen, die im Landtag diskutiert werden betreffen beispielsweise die Auffangzentren und die Bildung der Flüchtlinge und Asylsuchenden. Auf die Frage einer Studentin, ob es Pläne gebe bayerische Hochschulen für Flüchtlinge und Asylsuchende zu öffnen, erklärte Piazolo, dass der Zugang zu Universitäten noch kein Thema in Bayern sei, wohl aber der Besuch der Schule, der als essentiell angesehen wird, um Deutsch zu lernen. Hier werde über Investitionen und die zusätzliche Einstellung von Lehrpersonal diskutiert, zudem bestünden hohe Anforderungen an die Schulen, auf den jeweiligen Hintergrund und das individuelle Bildungsniveau einzugehen. Auf europäischer Ebene sehe er keine Einigung auf einen fixen Verteilungsschlüssel von anerkannten Asylbewerbern, da die EU-Mitgliedsstaaten ihren sehr unterschiedlichen Interessen nicht nachgeben würden. Daneben forderte er Sanktionen gegen Ungarn, da die dortige Regierung Ende Juni eigenständig beschlossen hatte, keine weiteren Flüchtlinge aufzunehmen. Seiner Meinung nach verliere die Europäische Union aufgrund der uneinheitlichen Flüchtlingspolitik momentan enorm an Renommee.

Im internationalen Beratungszentrum der Stadt München konnten die Studentinnen am Nachmittag dann bei einem Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern von lokalen und bayernweiten Organisationen diskutieren: Anwesend waren Frau Kathrin Köller von den Münchner Mentoren, eine Organisation die vorwiegend ehrenamtliche Vormünder an minderjährige Flüchtlinge vermittelt, Frau Katharina El Masri, Leiterin der Initiative SAVE ME, die vor allem Öffentlichkeitsarbeit zu UN-Resettlement-Progammen betreibt und Paten aus dem Raum München an Flüchtlinge vermittelt, um diesen im Alltag zu helfen und Herr Stephan Dünnwald vom bayerischen Flüchtlingsrat, eine Dachorganisation von engagierten Initiativen und Einzelpersonen, die überwiegend Beratung, Information und rechtlichen Beistand für Flüchtlinge anbietet. Als größte Schwierigkeiten bei ihrer Arbeit bezeichneten die Praxisvertreterinnen und -vertreter die Kommunikation mit den Behörden, die Arbeit werde vor allem Ehrenamtlichen überlassen. EL Masri hob zudem hervor, dass Flüchtlinge oft in Unterkünften in sehr abgelegenen, ländlichen Gebieten untergebracht seien, wo es keine Migrationsberatung und eine schlechte Verkehrsanbindung gebe, die die Flüchtlinge oft dringend benötigten. Es mangele vor allem an gut geschultem Personal, aber auch an der Bereitschaft der Behörden, solche bezahlten Stellen einzurichten.

Köller berichtete, dass, obwohl die amtlichen Vormünder oft stark überlastet und für bis zu über 30 Flüchtlinge zuständig seien, diese aber dennoch den gesetzlichen und ehrenamtlichen Vormündern vorgezogen werden würden. Es gebe großen Zulauf an ehrenamtlichen Helfern, was positiv sei, dennoch dürfe nicht pauschalisiert werden, da die Bevölkerung insgesamt den Flüchtlingen gegenüber offen eingestellt sei. Herr Stephan Dünnwald vertrat die Meinung, dass die Bevölkerung seitens der Politik noch stärker für das Thema Flüchtlinge sensibilisiert werden sollte, zum Beispiel mit Blick auf den Widerstand vieler Bürger, sobald Flüchtlinge nicht in zentralen Unterkünften sondern in Wohnungen in Wohngebieten untergebracht werden sollen. Die Studentinnen interessierten sich vor allem für den Ablauf von UN-Resettlement-Programmen: Menschen aus Kriegsgebieten wie in Syrien flüchten häufig in die Nachbarstaaten und werden dort durch das UN-Flüchtlingswerk UNHCR registriert. Vor Ort findet eine Kategorisierung statt bei der zwischen extrem schutzbedürftigen und weniger gefährdeten Menschen unterschieden werden. Die Angaben werden anschließend bei den Botschaften überprüft. Nach einem persönlichen Gespräch dürfen ausgewählte Flüchtlinge dann mit legalem Status und einer Arbeitserlaubnis in den Staat ausreisen, der sich dazu entschieden hat, sie aufzunehmen.

Insgesamt hat die Seminargruppe einen sehr interessanten und abwechslungsreichen Tag in München verbracht. Es war hilfreich, abgesehen von theoretischer Arbeit im Seminar auch praxisbezogene Gespräche mit Menschen zu führen, die sich für Geflüchtete einsetzen und diese Erfahrungen mit den politischen Rahmenbedingungen der bayerischen Politik vergleichen zu können.

Stella Zimpfer

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