Veränderungen als Chance begreifen: Heike Dietzel

Veröffentlicht von am 3.05.2016, 12:21 | Kommentar

Heike Dietzel, Dozentin am ZfSEin Kennzeichen unserer heutigen Welt ist die Unbeständigkeit. In immer kürzeren Abständen kommen neue Technologien auf den Markt, Anforderungen an Arbeitskräfte verändern sich, und auch der Arbeits- oder Wohnort kann morgen ein anderer sein als heute. Wie schafft man es, mit all dem umzugehen? Heike Dietzel ist Karrierecoach, Trainerin und Personalberaterin und leitet am ZfS das Seminar „Persönlichkeitsentwicklung: Umgang mit Veränderungen“. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie man lernen kann, Veränderungen positiv zu begegnen und für sich zu nutzen.

ZfS: Der Umzug in eine neue Stadt, ein anderer Tagesablauf, neue Freunde: Schon der Beginn eines Studiums bringt viele Veränderungen mit sich. Einige lassen sich ohne Probleme darauf ein, bei anderen lösen Veränderungen Ängste aus. Wovon ist das abhängig und was können Studierende in Ihrem Seminar über Veränderungen lernen?

Heike Dietzel: Wie wir mit Veränderungen umgehen, hängt davon ab, wie wir diese bewerten und welche Haltung wir ihnen gegenüber einnehmen. Jeder von uns hat aufgrund von positiven oder negativen Erfahrungen im Laufe seines Lebens eine eigene Einstellung gegenüber Veränderungen entwickelt. Wie haben wir in der Kindheit z.B. einen Umzug oder einen Schulwechsel erlebt? Wie sind Personen, die uns nahe stehen, mit Veränderungen umgegangen? Weitere Faktoren sind natürlich auch unsere Persönlichkeit und unser Charakter. All dies hat Einfluss darauf, wie schwer oder leicht es uns fällt, Veränderungen konstruktiv zu begegnen.

Das Wichtigste, das ich den Studierenden in meinem Seminar vermitteln möchte, ist, Veränderungen als Chance und als zentralen Bestandteil unserer Wirklichkeit zu begreifen. Wenn wir das akzeptieren, gewinnen wir einen wichtigen Gestaltungsspielraum und Energie. Wir lassen uns von Veränderungen nicht passiv überrollen, sondern können uns durch eine offene, konstruktive Haltung mehr Möglichkeiten erschließen, die Situation in unserem Sinn aktiv zu gestalten.

ZfS: Die heutige Arbeitswelt unterliegt laufend Veränderungen. Viele wirtschaftliche Prozesse beschleunigen sich und erfordern eine sehr hohe Veränderungsbereitschaft. Wie kann sich der/die Einzelne darauf einstellen? Kann man in Trainings lernen, Veränderungen leichter anzunehmen?

Dietzel: Trainings können und sollten Teilnehmerinnen und Teilnehmern einen vertrauensvollen Rahmen bieten, in dem sie sich reflektieren und neue Handlungsstrategien erproben können. In meinem Seminar analysieren die Teilnehmenden in einem ersten Schritt ihre momentane Haltung gegenüber Veränderungen, um zu erkennen, welche typische Rolle sie in Veränderungsprozessen einnehmen. Diese Reflektion ist wichtig und die Basis dafür, Veränderungsbereitschaft entwickeln zu können. Neben der Selbstreflektion erfahren die Teilnehmenden in Rollenspielen, wie sie aktuell mit unerwarteten Veränderungen umgehen. Durch Feedback aus der Gruppe kann im Anschluss die eigene Veränderungsbereitschaft eingeordnet werden und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind in der Lage zu entscheiden, wie sie sich in Zukunft Veränderungen gegenüber verhalten möchten. In weiteren erfahrungsorientierten Übungen können sie dann erproben, wie sie Veränderung durch eine konstruktive, offene Haltung leichter verarbeiten und sich so neue persönliche Gestaltungsspielräume eröffnen.

ZfS: Unter anderem sind Sie auch Coach für Change Management, d.h. Sie begleiten Unternehmen bei Restrukturierungen oder beim Kulturwandel. Oftmals wehren sich die Betroffenen gegen die geplanten Veränderungen. Wo müssen Change Manager ansetzen, damit Veränderungen gelingen?

Dietzel: Veränderung bedeutet immer, dass wir uns von Altem und Vertrautem verabschieden und Neuem, Unbekanntem begegnen. Das löst in vielen von uns Ängste und Unsicherheit aus. Die größte Herausforderung in Change Prozessen ist für alle Beteiligten der Umgang mit Emotionen und Widerstand. Viele Manager unterschätzen diesen Aspekt oder blenden ihn sogar aus. Wenn ein Change Manager akzeptiert, dass Gefühle wie Ärger, Wut oder Traurigkeit in jedem Veränderungsprozess vorhanden sind und diesen Raum bietet, legt er damit einen wichtigen Grundstein für den Erfolg seines Projektes. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlen sich dann ernst genommen und können die Veränderung leichter annehmen.

Der zweite entscheidende Erfolgsfaktor im Change Management ist der konstruktive Umgang mit Widerstand. Aktives Zuhören und Akzeptieren der Emotionen sowie die Einbindung von Mitarbeitern in das Projekt können Widerstände auflösen. Gerade diejenigen, die großen Widerstand leisten, können oft wichtige Beiträge zu einer neuen Lösung (Organisationsform, IT-Tool oder Geschäftsprozess) liefern. Fühlen sich die skeptischen Mitarbeiter eingebunden und sehen, dass ihre Anregungen ernst genommen werden, dann werden sie sich als Teil des neuen Ganzen fühlen und ihren Widerstand langsam aufgeben.

ZfS: Sie haben sich selbst zu einer beruflichen Veränderung in Ihrem Leben entschieden: Nach langer Zeit in leitenden Positionen multinationaler Unternehmen haben Sie eine zweite Karriere als Coach und Karriereberaterin begonnen. Was hat Sie dazu bewogen und wie sind Sie selbst mit dieser Veränderung umgegangen?

Dietzel: Nach über 12 Jahren in großen Konzernen hatte ich erkannt, dass in meinem Leben eine Veränderung anstand. Ich bin diesem Gefühl gefolgt und habe mich aus der Konzernwelt verabschiedet. Dabei gab es wie in allen anderen Veränderungsprozessen viele Zwischenphasen. Der erste Schritt war gleichzeitig der wichtigste: die klare Entscheidung, bei meinem letzten Arbeitgeber in Italien zu kündigen. Alles andere hat sich fast wie von allein ergeben, bis hin zu dem Angebot meines Studienfreundes, Walter Feichtner, in seinem Beratungs- und Coachingunternehmen Karrierecoach München mitzuarbeiten. Zweifel kamen mir immer wieder, sie gehören zu jeder Veränderung dazu. Rückblickend gab mir diese berufliche Veränderung die Möglichkeit, mehr über mich zu lernen und noch mehr Vertrauen in mich und meine Stärken aufzubauen. Darüber hinaus habe ich viele neue, wunderbare Menschen kennengelernt und fühle mich für meinen Mut reich beschenkt.

ZfS: Vielen Dank für das Gespräch!

Heike Dietzel ist selbstständige Karriereberaterin, Coach und Trainerin. Seit über drei Jahren ist sie für Karrierecoach München (www.karrierecoach-muenchen.de) tätig und hat seitdem mehr als 200 Klienten bei der beruflichen Neu- oder Umorientierung erfolgreich beraten und begleitet. Als Coach und Trainerin hat sie sich auf die Themen Selbst- und Stressmanagement, Life Styling und die erfolgreiche Umsetzung von persönlicher sowie beruflicher Veränderung spezialisiert. Für Unternehmen ist sie insbesondere als Trainerin für Change-Management tätig. Als Gastdozentin leitet sie an zahlreichen Universitäten Workshops und Seminare rund um die Themen Karriere, Persönlichkeitsentwicklung und Soft Skills. Ihre Coachings, Workshops und Trainings hält sie auf Deutsch, Englisch und Italienisch. Die Dipl.-Kulturwirtin war davor über 10 Jahre bei internationalen Unternehmen in leitenden Funktionen im In- und Ausland tätig.

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Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

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