Die Digitalisierung der Lehre – Medien-Experte Dr. phil. Christian Müller im Gespräch

Veröffentlicht von am 4.05.2016, 09:13 | Kommentar

Dr. Christian Müller, Projekt SKILLDie Digitalisierung wirkt in alle Lebensbereiche hinein. Auch im Bereich der Lehre an den Universitäten zeigen sich zunehmend neue Lehrformate: Die steigende Nutzung von digitalen Medien im Unterricht, die Digitalisierung von Studien- und Prüfungsangelegenheiten und ein immer größer werdendes Angebot an E-Learning Veranstaltungen sind nur drei von vielen Beispielen. Dr. phil. Christian Müller beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Lehren und Lernen mit digitalen Medien. Aktuell ist er im Leitungsteam des Didaktischen Labors (DiLab) im Projekt SKILL („Strategien zur Kompetenzentwicklung: Innovative Lehr- und Beratungskonzepte in der Lehrerbildung“) beschäftigt. Zuvor war er fünf Jahre als Mitarbeiter der universitären E-Learning-Einrichtung (InteLeC) an der Universität Passau für den Bereich Mediendidaktik zuständig. Wir haben Herrn Müller zu den Veränderungen der Lehre durch die Digitalisierung befragt und wollten wissen, was sich an der Universität Passau in diesem Bereich verändert.

ZfS: Herr Dr. Christian Müller, Sie haben Medientechnik mit den Schwerpunkten Medieninformatik und Medienproduktion studiert und anschließend an der Philosophischen Fakultät der Universität Passau im Fach Medienwissenschaften promoviert. Im Moment üben Sie unter anderem Lehraufträge an der Universität Passau und der FH Oberösterreich im Bereich Digitale Medien und Medienbildung aus. Was verändert sich an der Universität Passau durch die Digitalisierung allgemein und was konkret im Bereich der Lehre?

Christian Müller: Insgesamt können durch Digitalisierung natürlich alle Bereiche einer Universität profitieren. Der Einsatz digitaler Medien beim Lehren und Lernen ist jedoch besonders attraktiv. In vielen Fällen sind es nur „kleine Verbesserungen“, zum Beispiel die elektronische Abgabe von Hausarbeiten oder ein automatisierter, zufallsgenerierter Test von prüfungsvorbereitenden Fragen. An anderen Stellen sind es aber auch größere Veränderungen, die ganz neue Lehrformate  und  Lernpotentiale hervorbringen. Ein Beispiel dafür ist die Methode des Flipped Classroom, bei der die Studierenden bereits zu Hause am Computer mittels Lehrvideos die Veranstaltung vorbereiten. In den Präsenzsitzungen bleibt somit mehr Zeit für Diskussionen, Übungsaufgaben oder praxisbezogene Beispiele.

Ein sehr wichtiger Aspekt dabei ist die Offenheit und vor allem die Möglichkeit der Kooperation mit anderen forschenden und lehrenden Institutionen oder Partnern. Digitale Medien bieten nicht nur mehr Präsentationsmittel, sondern auch Tools zur Kommunikation und Kollaboration von Lehrenden und Lernenden, standortübergreifend und mit Leichtigkeit auch weltweit.

ZfS: Gibt es eine spezielle Vorgehensweise der Universität Passau im Bereich der Digitalisierung der Lehre?

Müller: Die Universität Passau unterstützt die Digitalisierung der Lehre durch unterschiedliche Maßnahmen bereits sehr gut. So ist die Bereitstellung von Medien- und IT-Infrastruktur eine sehr wichtige Grundlage, die überhaupt erst neue Lehrformate mit digitalen Medien ermöglicht. Dafür wurde ein Lehrinnovationspool eingerichtet, der innovative Lehre – in den meisten Fällen mit digitalem Medieneinsatz – initiiert und fördert. Außerdem werden an den unterschiedlichen Einrichtungen der Universität (Lehre+ und ZIM)  Qualifzierungsprogramme für Lehrende angeboten, die auf die mediendidaktische Lehrkompetenz abzielen.

Und nachdem die amtierende Präsidentin Frau Prof. Dr. Jungwirth selbst mit neuen Formen der digitalen Lehre arbeitet und hier sehr gute Erfahrungen gemacht hat, wird auch die Strategie in diesem Bereich weiterentwickelt und von der Spitze unserer Universität getragen.

ZfS: Welche Hemmnisse treten bei der Einführung der „digitalen“ Lehre auf?

Müller: „Digitale Lehre“ ist natürlich so heterogen wie jede andere Art von Lehre. Insgesamt ist jedoch beispielsweise im Fall von Onlinekursen zunächst bei Kurskonzeption und –erstellung mit einem hohen Aufwand zu rechnen. Selbst nach Fertigstellung sind gute Onlinekurse keine Selbstläufer. Eine angemessene und gute Betreuung der Online-Lernenden ist unbedingt notwendig und sicherzustellen.

Auch auf Seiten der Studierenden muss „Digitale Lehre“ nicht immer auf Gegenliebe stoßen. In vielen Fällen bedeutet diese Form der Lehre für Studierende ein erhöhtes Maß der Selbststeuerung im Lernprozess. Dies setzt sehr viel Eigenverantwortung und Disziplin voraus.

ZfS: Welche Vorteile sehen Sie für Studierende durch die Digitalisierung der Lehre?

Müller: Generell kann ein  viel höheres Maß an Flexibilität im Studium erreicht werden als das bisher möglich war. Aber auch hinsichtlich der Lehrmethoden können beispielsweise starre, traditionelle Formate mit digitalen Medien neu gedacht werden. Gerade in Vorlesungen mit mehreren hundert Studierenden können neue Wege gefunden werden, um einzelne besser zu adressieren und letztendlich beim Lernen zu begleiten.

ZfS: Vielen Dank für das Gespräch!

Kategorie(n):

Dieser Artikel wurde verfasst von Zentrum für Karriere und Kompetenzen.

Kommentar