Wirtschaftstheorie als Krimi: Professor Graf Lambsdorff spricht über seinen ersten Roman „Geldgerinnung“

Veröffentlicht von am 15.08.2017, 08:00 | Kommentar

„Ich hätte nicht gedacht, dass die Beschreibung einer Nase so schwierig sein kann“

Prof. Dr. Johann Graf Lambsdorff ist Lehrstuhlinhaber für Volkswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Wirtschaftstheorie an der Universität Passau und vor allem als Korruptionsforscher international in Erscheinung getreten. 1995 entwickelte er den Korruptionswahrnehmungsindex für Transparency International. Jetzt hat er sein Forschungsgebiet mal anders zu Papier gebracht: Im August ist sein erster Wirtschaftskrimi erschienen.


Graf Lambsdorff, „Geldgerinnung“ ist Ihr erster Roman. Wie lange haben Sie dafür gebraucht?

Für meinen Co-Autor und mich ist es ein langer Weg gewesen. Vor sieben Jahren habe ich einen Artikel für das „Journal of Post Keynesian Economics“ verfasst, der sich mit der Finanzkrise beschäftigte. Mir war damals schon bewusst, dass der Stoff Potenzial für mehr hat. Da ich noch nie einen Krimi geschrieben hatte, fand ich mit Björn Frank den idealen Partner. Insgesamt haben wir, mit längeren Unterbrechungen, sieben Jahre an dem Werk geschrieben.

Als wissenschaftlicher Autor haben Sie viele Jahre Erfahrung. Wie groß war die Herausforderung, nun auf „schöne Literatur“ umzusteigen?

Die Herausforderung war gewaltig, denn ich musste neu lernen, was ich alles mit Sprache beschreiben kann und welche Bilder und Handlungen nicht gut in Worte zu fassen sind. Besonders das Beschreiben von Gerüchen war schwer. Dazu bin ich mit meinem Co-Autor unter anderem zum Wandern in die Röhn gefahren oder wir haben uns in ein Café gesetzt. Was hören wir? Was sehen wir? Was fällt auf? Man muss Dinge erleben, um sie beschreiben zu können. Eine weitere Herausforderung war die Beschreibung einer Nase. Ich hätte nicht gedacht, dass dies so schwierig sein kann. Beim wissenschaftlichen Schreiben hingegen habe ich schon vorher mein Gedankengerüst und gleiche es nur noch mit der Literatur ab.

Ohne zu viel verraten zu wollen – worum geht es?

Im Zentrum steht eine wissenschaftliche Arbeit, mit der Lester Sternberg die Irrelevanz von Finanzkapital für die wirtschaftliche Entwicklung nachweisen will. Ist dieser Artikel Anlass für die Ermordung seines Doktorvaters Professor van Slyke? Auf seiner Flucht vor einem Mörder und den Profiteuren der Finanzkrise taucht Lester, gemeinsam mit der Studentin Milena, immer tiefer in die ökonomischen Zusammenhänge ein, die den Schlüssel für die Aufklärung des Mordes liefern könnten.

Und dabei soll der Leser auch etwas über Wirtschaft lernen?

Allgemein ist es schwer, den Krimi einer bestimmten Richtung zuzuordnen. Er ist makroökonomisch, zwischen einem Sachbuch und der Belletristik einzuordnen. Den Krimi soll jeder, auch ohne Vorwissen, verstehen können und gleichzeitig Studierende für die Wirtschaft begeistern. Durch die Einordnung zwischen Sachliteratur und Belletristik war es anfangs auch schwierig, einen Verlag zu finden.

Korruption bildet einen Schwerpunkt in Ihrer Forschungsarbeit. Wie viel Realität steckt in Ihrem Buch?

Die ökonomischen Ideen und Diskussionen in dem Krimi sind real, so wie sie auch in der Volkswirtschaftslehre Sinn machen. Die Verbindung zu Korruption und Lobbyismus ist ebenso realistisch. Die Ereignisse könnten sich so zugetragen haben, aber die Figuren selbst sind fiktiv. Außerdem gibt es keine festen Handlungsorte, sodass der Krimi überall spielen kann, in Rom, Frankfurt oder auch in Passau.

Aber wie lässt sich ein Mord mit Volkswirtschaftslehre verbinden?

In der Volkswirtschaftslehre und auch im Finanzsektor werden sehr viele Metaphern verwendet. Insbesondere die Kombination aus Geld und Blut ist sehr alt, eine Zirkulation findet sowohl beim Blut und als auch beim Geld statt. Der Titel „Geldgerinnung“ schlägt daher eine Verbindung zum Mordopfer.

Krimiautoren gehen ja gerne mal in Serie – schon Pläne?

Ich bin mit großer Leidenschaft Professor und Forscher, möchte aber nicht ausschließen, dass es einen zweiten Band gibt. Mir hat das Schreiben jedenfalls sehr viel Spaß gemacht!

Interview: Carmen Missal


Informationen zum Roman:

  • Johann Graf Lambsdorff, Björn Frank, „Geldgerinnung“, UVK Verlagsgesellschaft mbH, 180 S., ca. 20 Euro.
  • ISBN: 978-3867648127
  • auch als E-Book erhältlich
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Dieser Artikel wurde verfasst von Uni Passau Kommunikation.

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